Portrait von Joel Merten in schwarz/weiß

mpool interviewt IT Consultant Joel

Hallo Joel! Freut mich, dass du gleich ein bisschen Aufklärung bzgl. ERP betreibst. Ich hab da ein paar Fragen an dich.

Schieß los!

Wofür steht die Abkürzung ERP? 

ERP steht für Enterprise Resource Planning und bedeutet kurz gesagt die Planungen der Geschäftsressourcen. Häufig ist ERP auch als Allheilmittel für Ressourcenplanung bekannt. Daher sind Unternehmen schnell bereit, das ERP-System zu kaufen, dessen Hersteller am “lautesten” ist. Das erhöht wiederum das Risiko, dass das System nicht wirklich zum Unternehmen passt. Hier wird häufig Geld “verbrannt”. Um unnötige Ausgaben zu vermeiden und die Betriebe mit der passenden Software zu „verheiraten“, halte ich mich seit Jahren über die Anbieter und Möglichkeiten auf dem Laufenden. So verkürze ich die Suche und erspare den Firmen unnötige Kosten. 

Unzählige Anbieter mit diversen Stärken und Schwächen in den jeweiligen Geschäftsbereichen, Softwarefunktionen oder Schnittstellen sind bereits am Markt. Hinzukommt die Auswahl weiterer Module, die teilweise Systeme wie CRM (Customer-Relationship-Management) oder DMS (Dokumentenmanagement-System) umfassen. Das eine ERP-System gibt es heute nicht mehr, denn die Kunden möchten mehr als nur ein ERP-System. Standardfunktionen und Basismodule wie zum Beispiel die Personalverwaltung oder Produktionsplanung reichen nicht mehr aus. Digitale Zeiterfassung, digitale Dokumentenverwaltung, intuitive Bedienbarkeit und schnelles Anpassen von Prozessen über neue Schnittstellen sind bei den Anbietern die Meilensteine, um wettbewerbsfähig zu bleiben.  

Wir haben über 20 ERP-Anbieter mit ihren jeweiligen Stärken und Schwächen in unterschiedlichen Geschäftsbereichen verglichen. Damit lassen sich schon einige Anbieter ausschließen, während man noch mit dem jeweiligen Unternehmen zusammensitzt und die Anforderungen aufnimmt. Im Anschluss lichtet sich der Software-Dschungel ein weiteres Mal. 

Und was macht demnach so ein ERP-Programm?   

Ziel eines ERP-Programmes ist es, die betrieblichen Produktionsfaktoren so effizient wie möglich zu planen, zu steuern und zu kontrollieren.  

Dabei kann es in verschiedenen Geschäftsfeldern genutzt werden. Die grundlegenden Ressourcen, die sich erfassen lassen, sind: Kapital, Materialien & Werkstoffe, Betriebsmittel, Arbeitsprozesse und Personal. 

Bei dem Erwerb von ERP-Programmen gibt es verschiedene Möglichkeiten. Zum einen kann die Software On-Premise (Lizenz für die lokale Installation) gekauft werden. Zum anderen ist eine SaaS-Lösung (Online-Programm bzw. über Cloud-ERP-Systeme) möglich, die sich schneller implementieren lässt. 

Eine hybride ERP-Lösung besteht zum Teil aus einer festen Lizenz sowie Zusatzmodulen in der SaaS-Variante. Hybride ERP-Lösungen vereinen die Vorteile beider Modelle und sind vor allem für den Mittelstand interessant, weil je nach Arbeitsweise Module dazu oder ausgebucht werden können. Sprich, wer hinterher seine Buchhaltung selber übernehmen möchte, bucht Rechnungsmodule dazu. 

ERP ist nicht zu verwechseln mit einem Warenwirtschaftssystem.  

Bei letzterem liegt der Schwerpunkt auf dem Warenfluss. Der Einsatz beschränkt sich dort auf die Bereiche der Disposition, Logistik und der Lagerwirtschaft. 

Eine ERP-Lösung hingegen setzt ihren Fokus vielmehr auf die Planung und Integration von relevanten Daten für die gesamte Ressourcenplanung und orientiert sich an Arbeitsabläufen. 

Viele Betriebe wünschen sich zusätzliche Schnittstellen, um bereits bestehende Software in das ERP-Programm einzubinden. Manche arbeiten bereits mit einem Programm zur digitalen Zeiterfassung und möchten die Daten daraus im gesamten Verlauf sehen, andere Unternehmen bevorzugen ein ERP-Programm, dass ein solches Modul bereits enthält. Wieder andere wollen, dass Fotos direkt von der Baustelle in den Projektordner hochgeladen werden können. Jeder Anbieter setzt unterschiedliche Schwerpunkte und bietet eine Vielzahl von Möglichkeiten an, weshalb vor dem Kauf sehr detailliert ein Anforderungskatalog zu erstellen ist.  

Kannst du ein Kundenbeispiel für den Einsatz nennen?  

Wir hatten da zum Beispiel einen Handwerksbetrieb, der sowohl Informationen über Auftragsgeber sowie Stundenzettel handschriftlich erfasst hat, und ebenso Materialbestellungen auf Papier erstellte und an die Zentrale weitergab. Häufiges Nachfragen, weil teilweise unleserlich geschrieben wurde, war an der Tagesordnung und führte zu erheblichen Verzögerungen sowie Zeitverschwendungen. Ständig musste nachgefragt, hinterhertelefoniert und nochmal überprüft werden. Dies führte zu Frust an diversen Enden. 

Gewünscht wurde, dass die Belegschaft alle Zeiten digital über das eigene Smartphone erfasst und dass es keine Handzettel und Stundenzettel mehr gibt. Die Monteure geben dann per Smartphone & App den jeweiligen Auftragsstatus an. Projektbezogene Materialbestellungen werden ebenfalls vor Ort bzw. auf der Baustelle ausgelöst. Das große Ziel damit war eine allgemeine Verkürzung der Reaktionszeiten in verschiedenen Abteilungen. 

Jetzt galt es zu einer betriebsindividuellen Lösung zu kommen, also das passgenaue ERP-System aus den vielen Angeboten am Markt herauszusuchen. Dazu wurde eine Prozesslandkarte zur Übersicht der relevanten Arbeitsschritte sowie eine Übersicht mit den dazugehörigen Dokumenten innerhalb der Prozesse erstellt. Nach Gesprächen mit der Geschäftsführung sowie der Beteiligung der Belegschaft an den “Soll” Vorgaben wurde ein Lastenheft erarbeitet.  

Anhand des Lastenhefts bzw. Soll-Anforderungskatalogs habe ich mehrere passende Softwareanbieter, die in Frage kommen, ausgewählt. Diese „Long-List“ verkürzte sich in einem weiteren Austausch mit dem Betrieb, indem die Anforderungen noch einmal genauer betrachtet wurden. Dann fanden Gespräche zwischen Betrieb und Softwareanbietern statt und führten so zu einer „Short-List“. So wurde gesichert, dass das erwählte ERP-Programm genau zu dem Betrieb passte und man sich mit dem Anbieter wohl fühlte. Doch vorher wurde ein individueller Integrationsplan erstellt. Für den Betrieb kam eine Hybrid-Lösung des Anbieters in Frage, da hier zusätzlich Module im Abo Modell nachgekauft werden konnten. Mittelfristig sollte auf die erfolgreiche erste Implementierung die Generierung von Rechnungen und Nachkalkulation aus dem System heraus möglich sein. Und schließlich stand auf lange Sicht die Aufstellung des kompletten Unternehmens auf digitalen Füßen an. 

Nachdem der richtige Anbieter anhand der Kriterien ausgewählt war, wurden Teams gebildet und nach und nach im Umgang mit Tablet bzw. Smartphones, sowie der Bedienung der neuen App geschult. Dies gehörte zum Service des Anbieters.  

Nun war der SOLL-Zustand erreicht. Mit Hilfe des gewählten ERP-Programms können  

alle Mitarbeiter ihre Zeiten, sowie die Arbeitsanweisungen digital erfassen und einsehen. Die tägliche Nachkontrolle entfällt und spart enorm Zeit. Zudem ist sichergestellt, dass das Material für die Baustelle sofort über die Berechtigungsfunktion bei dem Lieferanten bestellt werden kann oder in der Verwaltung / Einkauf direkt angefordert. 

Worauf sollte man bei ERP-Programmen achten? Was hilft bei der Auswahl?  

Zuerst einmal sollte man sich genau überlegen, welche Anforderungen die Software erfüllen soll. Wird eine Cloud-Lösung benötigt oder reicht eine lokale Installation? Für welche Betriebsgröße soll das Programm sein? Lieber ein Anbieter mit vor-Ort-Service oder genügt ein rein digitaler Support? Ist das System modular aufgebaut oder eine Komplettlösung? Gibt es Schnittstellen zu bereits bestehenden Systemen im Unternehmen? Wie sieht es mit dem Datenschutz aus? Wie ist die Preispolitik? Welche Anpassungen kann man selbst vornehmen? Und das sind erst die allgemeinen Fragen, die sich jedes Unternehmen bei der Auswahl stellen sollte. Spezifischere Fragen, die sich explizit auf die Herausforderung des einzelnen Betriebs beziehen, sind in einem weiteren Schritt zu beachten.  

Was sind Herausforderungen bei der Auswahl? 

Gibt man „ERP-Programm“ bei einer beliebigen Suchmaschine ein, öffnet sich ein schier unüberschaubarer Markt. Jede Software stellt sich anders dar, so dass ein Vergleich nur schwer möglich ist. Oft kann man auch keine Demo-Version anschauen und ausprobieren, so dass quasi die Katze im Sack gekauft werden müsste. Als IT-Berater, habe ich mich in die Materie eingefuchst und kann je nach Lastenheft schnell eine „Long List“ erstellen. So muss sich ein Betrieb nur noch mit einer kleineren Auswahl beschäftigen. Positiv ist mir in letzter Zeit aufgefallen, dass immer mehr Anbieter auf das Thema Nachhaltigkeit achten. Zum einen auf der Seite der Kundschaft, da sich in der Software dann Kennzahlen zur Nachhaltigkeit erfassen lassen und zum anderen auf der Seite der Anbieter, die auf Klimaziele hinarbeiten. Wir von mpool sehen dieser Entwicklung positiv entgegen, denn viele Unternehmen, die wir beraten, setzen zunehmend auf Nachhaltigkeit. Diese wird dann im Lastenheft eingefordert. 

Warum empfiehlst du Kunden gerne den Einsatz?  

Der Einsatz von ERP-Systemen unterstützt Unternehmen darin, ihre Ressourcen effizienter zu planen, weil die Prozesse klar sind. Allein durch den digitalen Austausch von Daten innerhalb der Software können Gelder und Personal viel zielgerichteter eingesetzt werden. Zudem entsteht durch den Einsatz eine Transparenz in den Arbeitsschritten, die dann besser zu monitoren und optimieren sind. Diese Übersicht schafft Ansätze für das Qualitätsmanagement, und zwar von einzelnen Prozessen, über Abteilungen bis hin zum ganzen Unternehmen. Und auch ein guter Teil der Zettelwirtschaft findet so sein Ende. Die Belegschaft wird entlastet und das führt zu einem besseren Arbeitsklima.  

Danke für den umfassenden Input, Joel!  

Wenn Sie mehr wissen wollen, kontaktieren Sie unseren Experten gerne. Kontaktdaten finden Sie hier.

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